Daniel Friebe is a British cycling journalist and author. He has written for numerous publications, including The Guardian, The Times, and Procycling magazine. He has also published several books on cycling, including „Mountain High: Europe’s 50 Greatest Cycle Climbs“ and „The Cannibal: The Life and Times of Eddy Merckx.“ His latest cycling related book deals with Jan Ullrich called “The Best There Never Was”.
Jan Ullrich is a former German professional road bicycle racer. Jan Ullrich’s biggest achievements include winning the Tour de France in 1997 and earning a gold and silver medal at the 2000 Summer Olympics in Sydney, Australia. However, his career was later marred by doping scandals, and he retired from professional cycling in 2007.
Leseeindruck und Rezension:
Arcalís. Zehnte Etappe der Tour de France 1997. Von Luchon geht es 252 Kilometer in die Hochebenen von Andorra. Seit 7 Stunden fahren die besten Radsportler der Welt durch das Pyrenäengebiet. Zieleinlauf auf dem Gipfel, Ordino Arcalís. Jan Ullrich reckt erschöpft die Arme in die Luft und überquert als Etappensieger die Ziellinie(Abbildung Cover). Was er schon weiß: Sein schwarz-rot-goldenes Trikot des Deutschen Meisters wird er gegen das „Maillot Jaune“, das Trikot des Gesamtführenden der Frankreichrundfahrt eintauschen.
Zuvor hat er der gesamten Radsportwelt gezeigt was in ihm steckt und seine Herausforderer auf gewaltige Art und Weise in die Schranken gewiesen, als er auf den letzten Anstiegen des Bergs allen davonfährt – niemand kann ihn aufhalten. Die französische Zeitung L’équipe wird tags darauf titeln: “The New Giant”. Zwei Wochen später fährt Ullrich als Gesamtführender auf den Champs-Elysee ein. Er hat als erster Deutscher die Tour de France gewonnen. Nicht Wenige gehen davon aus, dass das Supertalent aus dem deutschen Team Telekom für die nächsten zehn Jahre den Radsport dominieren und etliche Toursiege einfahren wird….
Als Jugendlicher verfolgt der Brite Daniel Friebe 1997 erstmals mit seinem Vater die Tour und ist spätestens seit der Etappe in Andorra hin und weg von diesem Sport und von Jan Ullrich, der sein allererstes “Cycling Idol” wird. Dieses Erlebnis prägte ihn. Friebe wird Radsport-Kolumnist begleitet intensiv die großen Rundfahrten in Europa und blickt hinter die Kulissen des Sports; in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit. Heute treibt er sich noch immer am Streckenrand rum und ist Teil des “Cycling-Podcasts” sowie des “ITV 4 Cycling Channels”.
21 Jahre nach seiner ersten journalistischen Begleitung der Tour de France fragt sich Friebe “Just what did happen to the best there never was?” – also begibt er sich auf die Suche nach Antworten auf das Rätsel Jan Ullrich. Er erzählt zwei Geschichten: Einerseits die von Jan Ullrich, dem größten deutschen Radsporttalent (there never was), andererseits die der Schattenseite des Radsports, die Ullrich noch immer anhängt und ihn von der Außenwelt abschirmt. Doping.
Im Radsport ist Erythropoetin (epo), ein leistungssteigerndes Mittel zur Erhöhung der Sauerstofftransportierenden Roten Blutkörperchen, von körpereigenem Epo nicht zu unterscheiden, die gängigste Dopingsubstanz. Auch Ullrich nimmt sie. Es ist erstaunlich wie eine ganze Sportindustrie Sportbetrug systematisch ausübt und vertuscht. Noch erstaunlicher: Niemand schaut richtig hin. Sportbetrug wird zu dieser Zeit millionenfach in die Deutschen Wohnzimmer übertragen und erfreut sich großer Beliebtheit.
Friebe führt gekonnt durch das Netz der Unklarheiten und bietet eine gute Perspektive auf “die große Schande” des Sports, der auch Ullrich sich in den 00er Jahren nicht mehr entziehen kann. Was folgt ist der scheinbar grenzenlose Abstieg eines einstigen Volkshelden, der als talentiertester Radsportler aller Zeiten bezeichnet wird und schon während aber besonders nach seiner Karriere zu viel mit sich selbst kämpft und dadurch die Chance auf einen Ausweg nicht sieht und verpasst. Ullrich bleibt bis heute Deutschlands einziger Sieger der Tour de France, doch schaut Daniel Friebe in seinem Buch zurück und stellt die Frage “war es das wert?”.
Exemplarisch für die Besonderheit der Biografie: Friebe spricht mit allen, nur nicht mit Ullrich. Der möchte sich nicht zu seiner Vergangenheit äußern und “nach vorne schauen”. Dadurch entsteht eine ungeschönte Dokumentation, mit dem notwendigen Touch an Nostalgie. So hebt sich das Buch ab von klassischen Biografien, gerade denen von Sportlern. Friebe richtet den Blick auf die Situation des Radsports der 90er und frühen 2000er Jahre, die Gesellschaft zu dieser Zeit und die Sportkultur der DDR, in der Ullrich aufwuchs und erörtert über diesen Background das Leben, den Aufstieg, die Erfolge, den Niedergang und die bis heute anhaltende Rehabilitation Jan Ullrichs.
Mir hat das Lesen des Buches sehr gut gefallen, Friebe eröffnet viele Perspektiven auf das Geschäft des Radsports zu dieser Zeit und auf den großen Druck, der dort herrschte und auch heute noch die Geschehnisse bestimmt. Ich persönlich finde sogar, dass das Buch recht allgemeingültig auf die Sportbranche an sich projiziert werden kann, denn Doping ist kein Exklusivproblem des Radsports.
Die beste Eigenschaft des Buches ist jedoch der differenzierte Blick hinter die Kulissen. Es ist schonungslos ehrlich und versucht an keiner Stelle Jan Ullrich zum tragischen Helden eines schmutzigen Geschäfts zu machen, im Gegenteil. Friebe hält sich zurück und gibt dem Leser die Möglichkeit an die Hand die damaligen Ereignisse selbst zu bewerten. In Biografien fehlt mir das leider zu oft – für alle Sportslover mit Sicherheit mal einen Blick wert.
Buch beendet am: 15.05.2023
Seiten: 464
Genre: Autobiografischer Roman